Wie Traditionen für soziale Interaktionen sorgen

Traditionen haben häufig eine etwas versnobte oder staubige Anmutung. Da die Welt so schnell im Wandel ist, ist das, was früher war, oftmals so schnell überholt, dass es verloren geht. Doch zum Glück ist das nicht mit allen Traditionen so. Denn viele von ihnen erfüllen weiterhin eine wichtige Aufgabe: Sie bringen die Menschen zusammen.

Soziale Interaktion entsteht (unter anderem) aus Tradition. Die kleinen Rituale, die es auf gesellschaftlicher aber auch auf persönlicher Ebene gibt, sorgen dafür, dass in einem hektischen Alltag innegehalten wird, um mal Familie, Freunde oder andere Menschen zur Priorität zu machen.

Denn Vollzeitjobs, Kinder oder andere Verpflichtungen sorgen bei vielen Menschen dafür, dass sie nur stur ihren Alltag abarbeiten und dann wochen-, monate- oder sogar jahrelang kaum Kontakt zu den Menschen haben, die ihnen wichtig sind.

Traditionen und Feste sorgen dafür, dass sich Menschen fast automatisch in Gesellschaft begeben.
Traditionen und Feste sorgen dafür, dass sich Menschen fast automatisch in Gesellschaft begeben. Bildquelle: @ David Mendirey / Unsplash.com

Weihnachtstraditionen

Das wohl beste Beispiel für Traditionen, die Menschen wieder sozialer werden lassen, ist Weihnachten. Denn rund um Weihnachten gibt es etliche Rituale, die auf der Idee basieren, dass Menschen zusammenkommen.

Das beginnt schon beim Fest selbst: Oftmals werden mehrere Tage gemeinsam verbracht. Der Baum wird geschmückt, es wird ein Essen für alle gekocht, man sitzt zusammen und erzählt. Später werden dann Weihnachtslieder gesunden, die Geschenke geöffnet oder es wird ein Weihnachtsspaziergang gemacht. Da diese Dinge „zu Weihnachten dazugehören“, werden sie nicht hinterfragt und Anderes – wie Arbeit oder Stress – muss hinten anstehen.

Aber nicht nur Familien kommen an Weihnachten zusammen. Auch der Besuch des Weihnachtsmarktes, Plätzchen backen oder eine Firmenfeier gehören zu den Traditionen, die soziale Interaktionen fördern. Meist sind es dann die Freunde oder Kollegen, mit denen man mehr Zeit verbringt und das in gemütlicher Umgebung.

In Spanien gibt es gar eine Tradition, bei der gleich ganze Dörfer ein Weihnachtsritual bestreiten. Die spanische Weihnachtslotterie El Gordo gibt es bereits seit 1812 und sie wird jedes Jahr am 22. Dezember ausgespielt. Jeder einzelne Spieler kann gewinnen – doch einige Dörfer schließen sich auch zusammen, um sich die Kosten für ein Lotterieticket (oder mehrere) zu teilen.

Im Dorf Sodeto gewannen 2011 fast alle Bewohner durch ihr Los und jeder bekam mindestens 100.000 Euro. Nur ein einziger Bewohner hatte nicht mitgemacht und ging leer aus. Ihm war der Wirbel um die Lotterie suspekt.

Wiederkehrende Feste

Neben den Weihnachtstraditionen gibt es noch weitere, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind. Da ist zum Beispiel das jährliche Umherziehen der Kinder auf der Suche nach Süßigkeiten am 31. Oktober zu nennen. Da die Kinder an Halloween in der Nachbarschaft an Türen klopfen, sehen sie viele Menschen und werden von vielen stärker wahrgenommen als im Alltag. Dieser Trend ist in Deutschland noch recht jung, doch lässt sich das Fest nun umso besser feiern: Während einige Bundesländer den 01. November als Feiertag nutzen, haben andere den 31.10. festgelegt.

Auch Ostern ist ein Fest, das Kinder in den Mittelpunkt stellt. Während die Kinder nach Ostereiern suchen, können sich die Eltern mal wieder in Ruhe unterhalten. Auch das Bemalen der Eier kann zu einem kleinen sozialen Event werden.

Dann gibt es natürlich noch die Traditionen, die Partys mit sich bringen:

  • Oktoberfest
  • Fasching
  • Tanz in den Mai
  • Silvester

Hier kommt neben der Regelmäßigkeit noch eine Menge Musik ins Spiel – und häufig auch sehr viel Alkohol. Das lockert die Menschen auf, sie sind geselliger und können ihre Sorgen für eine Weile vergessen. Oftmals werden gleich noch alte Freundschaften wiederbelebt oder neue geschlossen.

Auch international sind es vor allem freudige Feste, die Menschen dazu bringen, ihre Häuser und ihren Alltag zu verlassen. In den USA ist es beispielsweise der Unabhängigkeitstag am 04. Juli, in China das Neujahrsfest (Termin zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar) und auch der Día de los Muertos – der Tag der Toten – ist ein gutes Beispiel. Letzterer wird in Mexiko zwischen dem 31. Oktober und dem 2. November gefeiert.

Und nicht nur die Feiern selbst sind ein Grund für Menschen, sich wieder mehr sozial zu engagieren und Gemeinsamkeit zu genießen, bereits die Vorbereitungen werden von vielen Menschen durchgeführt und somit kommen schon hier soziale Interaktionen zustande.

Weitere Traditionen: Von Sportbesuchen und gemeinsamen Urlauben

Das Schöne an Traditionen ist, dass sie meist „automatisch“ gepflegt werden. Wer schon immer zu Weihnachten gemeinsam mit der Familie den Baum geschmückt hat, kommt gar nicht auf die Idee, zum Baumschmücken noch nicht angereist zu sein. Kommen schon immer die alten Schulfreunde zum gemeinsamen Fasching vorbei, dann wird auf jeden Fall ein Termin gefunden – denn es gehört einfach dazu.

Deshalb müssen Rituale und Traditionen, die Menschen zusammenbringen, auch gar nicht unbedingt religiös oder gesellschaftlich bedingt sein. Weihnachten, Ostern und Silvester sind vielleicht typische Traditionen, doch sie sind nicht die einzigen. Viele Menschen haben auch Rituale, die nur für sie selbst und ihre Liebsten gedacht sind.

Manche Nachbarn fahren zum Beispiel jedes Jahr gemeinsam in den Sommerurlaub – auch das kann mit der Zeit zu einer sozialen Tradition werden. Gab es im Freundeskreis einen frühen Todesfall, dann ist es oft so, dass sich die hinterbliebenen Freunde am Geburtstag oder Todestag treffen, um gemeinsam an die Zeit zu denken, in der dieser Freund noch lebte, und um das Leben zu feiern. Auch das Besuchen von Sportevents – das Kinderfußballturnier oder ein Spiel der Lieblingshandballmannschaft – kann ritualisiert werden und mit einem Restaurantbesuch oder einem Kurzurlaub verbunden werden.

Auch Silvesterfeiern sorgen für eine gesellige Umgebung.
Auch Silvesterfeiern sorgen für eine gesellige Umgebung.
Bildquelle: @ Kevin Hackert / Unsplash.com

Fazit: Traditionen sind Leben pur

In einer Zeit, in der viele Interaktionen ins Internet wandern oder mehrere Kilometer Entfernung für eine Freundschaft auf Distanz sorgen, kann es schwierig sein, seine Liebsten von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Umso wichtiger sind die Traditionen, die nun mal nicht durch Social Media ersetzt werden können. Denn so schön die Technik auch ist, sie ersetzt keine Umarmung, den süßen Duft von Plätzchen und Tannennadeln oder das Lachen der Freunde und Familienmitglieder, die man viel zu selten trifft.